Virtuelle Hauptversammlung Bayer
Heute war es so weit, die erste virtuelle Hauptversammlung eines Dax-Unternehmens hat stattgefunden. Bayer machte den Anfang. Ich habe zwischendrin mal reingeschaut.
Hauptversammlungen sind in weiten Teilen keine besonders spannenden Veranstaltungen. Der Vorstand trägt seine, meist positive, Sicht der Ergebnisse vor, die Aktionärsvertreter ihre meist weniger positive Interpretation der gleichen Zahlen. Spannend ist der Teil, in dem Aktionäre ihre Fragen an den Vorstand stellen dürften, auch wenn am Ende nur von Presseleuten glattgebügelte Statements verlesen werden.
Für die meisten Leute ist es eine nette Tagesveranstaltung, bei der es kostenloses Essen gibt. Meist in Form von Brezen, Wurstsemmeln, Wienerle und Kuchen. Ich besuche ab und zu Hauptversammlungen und finde diese recht interessant, man bekommt einen Einblick in die Gesellschaft, ab und an ergibt sich ein interessantes Gespräch und das kostenlose Essen nehme ich auch gerne mit.
Ich packe mein Laptop ein und nutze den Tag parallel zum produktiven Arbeiten. Dieses Jahr fällt das alles ins Wasser. Immerhin erlaubt der Gesetzgeber nun, dass die HVs virtuell stattfinden dürfen. Denn ohne HV gibt es keine Dividende und das macht die Aktionäre trauriger, als sie es aktuell ohnehin schon sind.
Bayer machte heute den Anfang. Die Technik dürfte weitgehend schon da sein, die meisten HVs konnte man bisher auch schon streamen. Maximal hätte ich Probleme beim Andrang erwartet, wenn alle virtuell zuschauen. Aber nichts dergleichen ist passiert.
Ich habe mich für einige Zeit mal rein geschaltet. Der Vorstand saß mit Abstand herum, beim Rednerwechsel kam eine Frau mit Mundschutz und Handschuhen herein, putzte das Pult und desinfizierte das Mikrofon. Alle anderen Teilnehmer sind ohne Maske angetreten.
Wirklich spannend wars am Ende nicht. Es fehlen kritischen und teilweise skurrilen Fragen der Aktionäre. Ich kann mir vorstellen, dass das dem Vorstand sogar ganz recht war. Ich würde vermuten, dass die ganze Veranstaltung eher als lästige Pflicht gesehen wird. Ich kann mir daher vorstellen, dass es hier und da Rufe geben wird, dass man solche Veranstaltungen in Zukunft immer virtuell abhalten könne, das spart Kosten, ist besser für die Umwelt und für die Gesundheit sowieso.
Es bleibt zu hoffen, dass solchen Wünschen am Ende nicht stattgegeben wird. Auch wenn es mehr oder weniger eine Showveranstaltung ist, ist es doch ein demokratisches Mittel, zu welchem der Vorstand eben auch mal dem Kleinaktionär zuhören und antworten muss. Und vielleicht kommt die ein oder andere Botschaft von Missständen, die Aktivisten hier gerne auf der großen Bühne präsentieren bei dem ein oder anderen Vorstand an und bewirkt ein: hier sollten wir doch mal nachschauen, was die Tochtergesellschaft in Südamerika so treibt.
Und natürlich das kostenlose Essen!